Da ist zunächst das Schleifen in seinen verschiedenen Stadien; Schärfen, Schneiden, Polieren, Ecken- und Walzenschliff, Hohlschliff, Kreuzschliff, dann sind die Menschen, die alle diese Kunst fertig bringen: Männer und Frauen, Kinder darunter, die meist überfüllten Werkstätten; ein beängstigendes Gewirre von Transmissionsriemen saust durch den Schleifraum; die sonstigen Gefahren: der Glasstaub, die Ausdünstung, todbringende Atmosphären, krankheitsbringende Temperaturen; dann die Radstühle, an denen die Jammermenschen sitzen, verschiedene Systeme, verschiedenen Zwecken dienend, in ihren einzelnen Teilen verschiedenen Besitzern eigen, die Lohnverrechnung der Meister und Gehilfen, der freien Arbeiter: Örtlpacht und Dreherlohn. Man möchte mit 100 Zungen zugleich fragen, mit 100 Köpfen zugleich denken, mit 100 Händen zugleich notieren und mit 100 Augen zugleich sehen. Ich werde mich bemühen, im Folgenden ein Bild von der Arbeit der Kristallschleifer zu geben, das aber mit Rücksicht auf den Raum kein vollständiges werden kann. Ich kann hier nur Konturen zeichnen.
Wie es in einem Schleifsaal aussieht? Holzkasten steht an Holzkasten, und zu jedem läuft durch eine Bodenspalte der Antriebsriemen der Transmission. An den Wänden hängen aufgereiht auf langen Nägeln die Scheiben, und in manch einer Schleiferei traf ich auch ein in den Käfig gesperrtes Vöglein, das der goldenen Waldesfreiheit beraubt war. Die Schleifer nehmen es mit in ihre stauberfüllten Kerker, ohne zu denken, wie schwer ihnen selbst der Kerker wird. An den meisten Kasten sitzen zwei Menschen, an wenigen nur einer, Männer und Frauen in bunter Folge, die wechselnd das Innere des Kastens, in dem sich an einer senkrechten Spindel eine Scheibe aus Eisen, Stein oder Pappelholz laufend dreht. An diese drücken sie einen Augenblick, oft auch länger die kleinen Glasgegenstände, die sie in Händen haben. Sieht man in die Eingeweide des Kastens, so gewahrt man, daß längs des Innenrades über die Scheibe Bretterbrücken gelegt sind, auf die die Schleifer das unfertige Halbfabrikat legen. Das geschliffene Stück wird in ein Wasserschaff gelegt. Die Spindel, an der sich die Scheibe dreht, läuft in zwei Lagern, einem am Boden des Kastens und einem an dem Querbalken, der nahe dem oberen Rand in die Seitenwände des Kastens eingekeilt ist. Dies ist der „Galgen“. Über dem Kasten sind die Hilfsmittel angebracht. Wir sind bei Scheibenarbeitern, die drei getrennte Arbeitsgruppen repräsentieren: Schärfer, Schneider und Polierer. Der Schärfer, der das gedrückte Stück zuerst in die Hand bekommt, um auf einer
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